
Ein kleines Stück mehr Freiheit für den einen, ein Leben ohne Schmerzen und damit ein großes Stück Normalität für den anderen. Für viele aber die Überschreitung einer Grenze und eine Gefahr für die Jugend und für Kinder. Cannabis.
Aber warum herrscht überhaupt diese Debatte und die ungleiche Behandlung von Cannabis und Alkohol? Warum ist es ok, dass heranwachsende Jugendliche Bier trinken, gleichzeitig aber erwachsene Menschen sich strafbar machen, wenn sie nach Feierabend einen Joint rauchen? Warum spaltet dieses Thema so sehr und warum stieß es in der Vergangenheit auf so viel Ablehnung?
Politik
Spätestens seit der Veröffentlichung des Koalitionsvertrags der zukünftigen Ampelregierung ist es sicher: Die Legalisierung von Cannabis kommt! Und damit ist es sicherlich eines der meist diskutierten Themen dieser Tage (neben Corona). Dabei ist das Thema keineswegs neu. Bereits seit vielen Jahren setzen sich Grüne, FDP, die Linke und viele Kleinstparteien für eine Freigabe von Cannabis ein. Bisher sind sie aber jedesmal an den Blockaden der regierenden CDU/CSU gescheitert. Was überrascht, da doch der Gebrauch von Drogen gerade im Süden Deutschlands exzessiv zelebriert wird.
Volksdroge Nr.1 und Kulturgut – passt das zusammen?

Man denke mal nur an die vielen regionalen Starkbierfeste oder das größte Bierspektakel der Welt, das Münchner Oktoberfest. So wurden 2019 auf der Wiesn innerhalb von 3 Wochen 7,3 Millionen Liter untergäriges, malziges Lagerbier mit etwa 6Vol.-% Alkohol ausgeschenkt. Ergebnis: 600 Intoxikationen, Personen mit bis zu 3,7 Promille im Blut und insgesamt 774 Personen wurden unter Alkoholeinfluss aus dem Straßenverkehr gezogen. Und das alles mit dem Segen der Politik und weil es „zu unserer Kultur“ dazu gehört. Aber rechtfertigt das einen so laxen Umgang mit einer solchen gefährlichen Substanz? Die Statistik beziffert jährlich mehr als 70.000 Todesfälle in Deutschland die im Zusammenhang mit Alkohol stehen.
Und was war jetzt gleich nochmal mit Cannabis?
Sicherlich ist Cannabis kein Brokkoli, wie einst unsere Drogen-Dani aus Rosenheim sagte. Damit hat sie zwar nicht ganz unrecht, Fakt ist aber auch, dass durch den Konsum von Cannabis bisher noch niemand gestorben ist. Tatsächlich gibt es Belege dafür, dass sich bereits vor 2700 Jahren Menschen an dieser Pflanze berauscht haben und ihre heilende Wirkung nutzten. Gehört es dann nicht auch irgendwie zu unserer Kultur? Dabei muss man in der Geschichte gar nicht so weit zurück gehen, um den exakten Zeitpunkt zu finden, ab wann aus einer heilende Gartenpflanze eine „hochgefährliche Substanz“ wurde.
Die Geschichte der Prohibition
Maßgeblich verantwortlich hierfür war ein US amerikanischer Diplomat namens Harry J. Anslinger. Anslinger war ein strikter Gegner von Drogen und begann ab den 1930er Jahren seinen Feldzug gegen psychoaktive Substanzen. Nicht zuletzt weil er Jahre zuvor mit der Alkohol Prohibition gescheitert war und seine Karriere auf dem Spiel stand. Vorallem aber war es ihm ein Dorn im Auge, dass zur damaligen Zeit Cannabis häufig von der schwarzen Bevölkerung, vorzugsweise in der Jazz Szene konsumiert wurde. Es ging ihm also um mehr als nur um den Schutz der Gesundheit. Ganz klar standen hier religiöse, wirtschaftliche und politische Interessen im Vordergrund. Und so schürte Anslinger in den darauffolgenden Jahren durch gezielte Hetzkampagnen Angst und Rassismus gegen die afroamerikanische und lateinamerikanische Bevölkerung. Mit seiner neu gegründeten Behörde, der FBN (Federal Bureau of Narcotics), brachte er im Jahr 1937 das Marihuana Tax Act durch den Kongress, welches den Besitz, Handel und Konsum von Cannabis unter Strafe stellte. Tatkräftige Unterstützung kam hierbei aus der Chemie-, Pharma- und Tabakindustrie. Verschärft wurden diese Restriktionen durch das im Jahr 1951 beschlossene Boogst Act, welches die Gleichsetzung von Cannabis mit Heroin festlegte und 5 Jahre später das Narcotic Controll Act, was dazu führt, dass der Besitz, Handel und Konsum fortan mit Freiheitsentzug bestraft wurde.
Die USA und die Drogen
Und so begann schon bald der Kreuzzug gegen illegale Drogen auch weit über die Grenzen der USA hinaus und wurde im Jahr 1961 von 185 Ländern der Vereinten Nationen durch das „Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel“ unterzeichnet. 60 Jahre später sind es wiederum die USA, die die Legalisierung vorantreiben und sich weltweit an die Spitze des Marktes katapultiert haben. Natürlich sind es auch hier abermals die Wirtschaftsinteressen, die im Vordergrund stehen. So kommen die USA im Geschäftsjahr 2020 auf einen Umsatz von 17,4 Mrd. US Dollar und erlauben den Gebrauch von Cannabis zum Freizeitkonsum in 19 von 50 Bundesstaaten. Und der Trend setzt sich fort. Befragt man die amerikanische Bevölkerung, sprechen sich 60 Prozent für eine landesweite und flächendeckende Legalisierung für den Freizeitkonsum aus und sogar 91 Prozent für den medizinischen Gebrauch.
Und was ist mit Deutschland?
Es ist immer noch der Gedanke, der bei vielen Leuten tief in ihren Köpfen steckt und mit zuvielen Vorurteilen behaftet ist. Jahrzehntlang wurde ihnen eingetrichtert, dass Drogen schlecht sind. Mit Slogans wie „Keine Macht den Drogen“ haben Sportler dafür geworben während sie gleichzeitig mit einem gefüllten Weizenbierglas in der Hand in die Kamera gelächelt haben. Zum Leid vieler Millionen Menschen, die sich strafbar machen mussten, weil die Beschaffung illegal war. Und wer erwischt wurde, den hat man nicht nur strafrechtlich verfolgt, sondern er verlor im schlimmsten Falle auch noch seine Fahrerlaubnis und gar seinen Job. Es gibt unzählige Schicksale und das alles nur, weil man anstatt eines kühlen Weizenbiers lieber etwas Cannabis zur Entspannung konsumieren wollte.
Die große Chance der Ampel-Regierung
Aber zum Glück findet auch in Deutschland ein Umdenken in der Gesellschaft statt. Sprachen sich 2017 ein Großteil der Bevölkerung gegen eine Freigabe von Cannabis aus, waren es nach der Bundestagswahl 2021 erstmals 49 Prozent, die dafür, und 46 Prozent die dagegen waren. Einerseits sind wir natürlich heute mehr den je durch die sozialen Medien beeinflusst und bekommen mit was auf der anderen Seiten des großen Teichs passiert. So möchte jeder die vielen tollen Spielsachen und die fancy Gras-Sorten ausprobieren. Anderseits hat die zukünftige Bundesregierung endlich erkannt, welchen Schaden die Verbotspolitik mit sich gebracht hat und stützt ihre Entscheidung zur Freigabe von Cannabis auf wissenschaftliche basierte Fakten und nicht länger auf Lügen und Ammenmärchen.

Die Zukunft bleibt spannend
Auch wenn es noch genug Schwarzmaler da draußen gibt, liegt es an uns allen ihnen jetzt das Gegenteil zu beweisen, dass es einen gesunden Umgang mit Cannabis geben kann. Natürlich wird es zu Beginn einen gewaltigen Run auf lizenzierte Fachgeschäft geben. Etwas neues ist immer Interessant und muss von allen erstmal getestet werden. Aber auch das wird sich nach kurzer Zeit normalisieren. Der Fakt ist, Geschmäcker sind verschieden und so wird es diejenigen geben, die es geil finden, dabei bleiben, und anstatt dem Feierabendbierle lieber ihren Joint rauchen. Genauso aber wird es diejenigen geben, die damit nichts anfangen können und lieber ihr Viertele Trollinger schlozen. Aber das ist ok! Jedem das Seine und das gilt in beide Richtungen. Am Ende werden aber die 4 Mio. Menschen davon profitieren, die heute schon regelmäßig konsumieren und bisher in ständiger Angst gelebt haben, eines Tages doch von der Polizei erwischt zu werden. Hoffen wir, dass diese Zeiten vorbei sind und die Leute endlich leben und leben lassen.
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